Ein Blick nach Brandenburg mit Jasmin Mühlbach

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Wir werfen einen Blick in die Zukunft Brandenburgs. Jasmin Mühlbach, gebürtige Brandenburgerin und leidenschaftliche Reisende, hat mit ihren Kollegen Silvio Ulmedo-Page und Loic Ulmedo das Projekt Rediscover Brandenburg Instagram @RediscoverBrandenburg ins Leben gerufen – auf Instagram und in Buchform unter dem Titel “Ganz Wald Draußen” / Ammian Verlag 2024 nehmen sie ihre Community mit in ein weit unterschätztes Bundesland. Für den Foresight Workshop 2024 sprechen wir über den Ist-Zustand, die Faszination Brandenburgs und die touristische Zukunft der einzelnen Regionen. 

Fabienne Sand:  Hi Jasmin. Du kommst gebürtig aus Brandenburg – was hat deine Kindheit dort geprägt und wie hast du damals auf Brandenburg geschaut? 

Jasmin Mühlbach: Ich bin in Cottbus in der Lausitz aufgewachsen, zuerst in einer Plattenbausiedlung und später am Stadtrand. In meiner Teenagerzeit war dieser Einwohnerrückgang in Cottbus deutlich spürbar: aus meinem Klassenzimmerfenster konnte ich zugucken, wie die Plattenbauten abgerissen wurden. Viele wollten ‚raus‘ – ein Gefühl, das auch ich hatte. Brandenburg habe ich damals als eher langweilig empfunden, weil ich nur wenige Ecken kannte und es mein Alltag war. Gleichzeitig prägen mich Erinnerungen an Kiefernwälder, an sandige Böden, in denen man mit dem Fahrrad stecken blieb, und natürlich die Präsenz von Tagebau und Kohle. Heute schätze ich genau das, was mich damals gestört hat: Ruhe, Weite und Natur.“ 

FS: Man muss also gar nicht weit reisen, um diese Weite zu erleben. Auch in Deutschland gibt es beliebte Urlaubsdestinationen! Was macht da Brandenburg für dich so besonders?  

In Brandenburg kann man alles und nichts erleben – und beides hat natürlich seinen Reiz. Die Mischung aus Seen, Wäldern und versteckten Kulturorten, die es zu entdecken gilt, macht es für mich besonders. Zudem lässt sich Brandenburg wirklich nachhaltig bereisen, vor allem von Berlin aus, mit öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Fahrrad. 

FS: Für euer Buch Ganz weit draußen habt ihr, also Silvio Ulmedo-Page, Loic Ulmedo und du, ausführlich Aktivitäten in Brandenburg recherchiert und festgehalten. Wie seid ihr dabei vorgegangen? Hattet ihr schon bestehende Verbindungen, Kooperationen mit Hotels, oder was war eure Recherchegrundlage?“ 

Wir sind Privatreisende und verdienen damit kein Geld – Brandenburg ist unser Hobby beworden. Ich nutze klassische Medien wie Bücher, Zeitungen und Ausflugsmagazine, aber auch zunehmend digitale Quellen wie die wachsende Instagram-Community, um neue Orte zu entdecken. Oft finde ich ein Ziel, etwa ein Café, das mich interessiert, und plane die Route drumherum. Viele Orte, die ins Buch kamen, habe ich zufällig entdeckt. Dabei wurde mir bewusst, wie groß Brandenburg ist. Meine Eltern sagen dann oft: ‚Da war ich zuletzt zu DDR-Zeiten.‘ Das geht sicher vielen so – sie wohnen dort, bleiben aber in ihrer Ecke und erkunden das Bundesland kaum, obwohl die Wege eigentlich nicht weit sind.  

FS: Jetzt seid ihr selbst als Trio Teil der Community, die die Informationen über Brandenburg zugänglicher macht und bündelt. Wie hat sich das entwickelt, eure Erlebnisse öffentlich zu teilen und eine Plattform dafür aufzubauen? Man könnte ja auch nur mit seinen Freunden die Informationen heimlich teilen… 

Ja, am Anfang war es wirklich so, da haben Freunde und Kolleg:innen uns oft nach Wochenendtipps gefragt. Aus meiner Liebe zur Fotografie entstand dann die Idee, das auf Instagram zu teilen. Ich muss sagen, heute ist diese Community eine totale Bereicherung für uns und wir profitieren vom tollen Austausch mit der Community – sei es durch Tipps von Einheimischen oder konkrete Anfragen, etwa für Hochzeitslocations oder Hotels. Dieser Austausch, sowohl digital als auch vor Ort, ist sehr schön. 

FS: Und was läuft aktuell besonders gut in Brandenburg? Hast du ein Beispiel, für eine smoothe Reiseabwicklung? Ist dir da was in Erinnerung geblieben? 

Das Marketing hat sich positiv verändert! Das ist eine wirklich gute Entwicklung. Es gibt jetzt mehr Vielfalt, was das gastronomische Angebot angeht oder auch ausgefallene Übernachtungsmöglichkeiten wie Baumhaushotels oder Bubble-Zelte. Aber es gibt immer auch noch die einfachen Varianten. Diese Vielfalt macht Brandenburg auch wieder für jüngere Zielgruppen attraktiv.  
Was mich letzten Sommer sehr beeindruckt hat, sind die Mobilitätsangebote, z. B. in der Prignitz, wo Fahrradsharing-Dienste reibungslose Touren ermöglichen. Man kann mit der Bahn aus Berlin anreisen, vor Ort ein Rad für eine Tour leihen und es woanders wieder abgeben. Damit erspart man sich den Stress, im Sommer mit dem Fahrrad in den überfüllten Zug zu steigen. Grade diese Mobilitätsangebote sind wirklich toll. Vor allem, wenn sie so leicht handelbar sind.  

FS: Was sind deine Visionen oder Wünsche für Brandenburgs Tourismus in den nächsten fünf bis zehn Jahren? 

Ich wünsche mir, dass der Tourismus weiterwächst, aber so, dass sich Einheimische wohlfühlen. Overtourism sollte vermieden werden, und weniger bekannte Orte sollten gefördert werden, um eine bessere Verteilung zu erreichen. Das die Lenkung auf unbekanntere Orte vielleicht besser funktioniert. Es gibt schon jetzt Orte, z.B. der Spreewald, Bad Saro oder Fürstenberg an der Havel, die im Sommer total überlaufen sind. Andere Ecken hingegen bleiben unbesucht. Und dann sagen uns die Einheimischen zurecht „Verratet nicht die ganzen guten Tipps, dann können wir da am Wochenende nicht mehr hingehen, wenn die ganzen Berliner*innen kommen!“. Da müssen wir eine Balance finden, mit der sich alle wohlfühlen. 

FS: da muss ich mich schuldig bekennen, auch ich bin eine dieser Berlinerinnen, die die Orte an den Wochenenden an Peak-Zeiten besucht (lacht). Was läuft denn aus deiner Sicht noch nicht so gut? Abgesehen vom Overtourism. 

Die Aktualität von Informationen, etwa Öffnungszeiten, ist oft ein Problem. Ich rufe dann manchmal einfach an um rauszufinden, ob wirklich auf ist. Das ist aber machen auch zu kompliziert, da so hinterher zu sein mit der Recherche. Auch das Saisongeschäft, was es in Brandenburg auf jeden Fall ist, macht es schwierig, abseits von April bis Oktober Angebote zu finden. Pop-up-Restaurants im Winter, manche mit Voranameldung, sind ein positives Beispiel, dann hat man auch im Winter einen Anreiz, mal rauszufahren! 

FS: Wie kann es Brandenburg schaffen auch überregional, zumindest für Reisende aus Nord- und Süddeutschland, oder sogar international attraktiver zu werden? 

Der Spreewald zeigt, dass es möglich ist. Klare Anker wie die sorbische Tracht oder die Spreewald-Gurke haben ihn international bekannt gemacht. Ähnlich könnten andere Regionen gezielt hervorgehoben werden, auch über Instagram. Grade junge Leute suchen sich ihre Reisedestinationen teils über Social Media raus, der Anreiz wir da über spektakuläre Bilder hervorgerufen. Ich glaube, das kann in Brandenburg auch funktionieren.  

FS: Hast du zum Schuss noch einen besonderen Geheimtipp für uns? Vielleicht einen, wo man auch abseits der Stoßzeiten vorbeikommen kann. 

Für den Herbst und Winter empfehle ich eine wirklich schöne Sache, das kleinste Kino Brandenburgs. Es befindet sich in einer alten Dorfschule und wurde vom Privatkino zu einem Ort für die Allgemeinheit. Man kann es buchen und mit Freunden Filme schauen – eine besondere Erfahrung. 

Danke Liebe Jasmin. Schön, dass du bei uns warst!